Eiertanz um den Europaplatz

Das Wort Eiertanz wird heutzutage zumeist in der Redewendung „einen Eiertanz aufführen/vollführen“ verwendet, was so viel heißt wie sehr vorsichtig oder/und kompliziert vorgehen, um etwas (z. B. „um den heißen Brei“, um ein Problem etc.) herumreden, den Kern einer Sache umgehen, vermeiden. Der Duden definiert Eiertanz als umgangssprachlich für „sehr vorsichtiges, gewundenes Verhalten, Taktieren in einer heiklen Situation“, ursprünglich wurde damit ein „kunstvoller Tanz zwischen ausgelegten Eiern“ bezeichnet.  (Wikipedia)

Der Verkauf städtischer Grundstücke am Europaplatz an einen Investor aus Düsseldorf und der in diesem Zusammenhang aufgestellte Bebauungsplan waren in der Ratssitzung vom 11.3.2020 das beherrschende Thema. Obwohl sich der Fraktionsvorsitzende der SPD bemühte, den Kern des Problems herauszuschälen, verlief die z.T. langatmige und inhaltsarme Diskussion (ab t = 2:36) weitgehend am Kern vorbei:

Was die GroKo-Vertreterinnen im Rat und den Aufsichtsräten von EWMG und NEW beschlossen bzw. zugelassen und zu verantworten haben, ist

  1. dass ein Bebauungsplan erstellt wurde, der die öffentlichen und privaten Belange nicht gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen hat, weil ihm dazu die Grundlagen und Informationen fehlten
  2. dass ein Wettbewerb und eine Prämierung von städtebaulichen und architektonischen Entwürfen durchgeführt wurde, für die die öffentlichen Belange gem. BauGB keine Vorgaben waren, weil wiederum die notwendigen Begleitplanungen für Platz und ZOB fehlten oder, schlimmer noch, weil diese einfach keine Rolle spielten
  3. dass mit Investoren Verträge abgeschlossen wurden, noch bevor es für sie einen verbindlichen, rechtskräftigen Bebauungsplan gibt
  4. dass die EWMG bzw. NEW ernsthaft vorhat, städtische Grundstücke zu verkaufen, die möglicherweise für den Bau eines zukunftsfähigen Busbahnhofes dringend erforderlich sind, ohne dass das Bauleitplanverfahren und die notwendigen Grundlagen dazu vorliegen.

Der Eiertanz, den PolitikerInnen in der letzten Ratssitzung vom 11.3.2020 (ab t = 2:36) zwar wortreich, aber inhaltsarm und völlig vorbei am Kern des Themas geführt haben, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier das Pferd von hinten aufgezäumt wurde und man jetzt aus dieser Nummer nur noch schwer herausfindet.

Für diejenigen, die inzwischen etwas den Überblick verloren haben, sei hier die Historie des ganzen Verfahrens aufgeführt. Außerdem haben wir die rechtliche Situation für Interessierte einmal beleuchtet. Daneben zeigen wir, wie Alternativen für die Gestaltung des Europaplatzes aussehen könnten.

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Ein Gedanke zu “Eiertanz um den Europaplatz

  1. Für jemanden, der seit Jahren im Rat sitzt und der Oberbürgermeister werden will, nutzt es jetzt nichts mehr, wenn er wortreich immer wieder betont, er sei juristischer Laie, er könne die Dinge auch nicht beurteilen und er habe den Kern des Problems jetzt langsam erkannt (Felix Heinrichs) bzw. Transparenz sei ihm sehr wichtig und er wisse aus den Diskussionen mit den BürgerInnen ge-nau, was diese denken und wollen (Dr. Schlegelmilch).

    Was das Durchführen von städtebaulichen Wettbewerben, das Aussuchen von Wettbewerbsteilnehmern, das Küren des Siegers im vertrauten Jury-Kreis, das Aussuchen von Investoren, das Aushandeln von Verträgen, das Erstellen von Bebauungsplänen durch externe Büros, was das alles mit Transparenz und Bürgerbeteiligung zu tun hat, wo da der Bürger mitreden könnte, wird der Fraktionsvorsitzende der CDU möglicherweise im nächsten Teil der Serie „19 Häuser – dumm gelaufen“ mitteilen.

    Inzwischen haben auch die politischen VertreterInnen in Rat und Verwaltung ein Einsehen und rudern zurück. Reichlich spät, denn in die Verhandlungen mit Investor, in das Bebauungsplanverfahren ist viel Zeit und Geld geflossen.

    Dass ausgerechnet Umweltverbände die Öffentlichkeit auf eklatante Planungsmissstände aufmerksam machen müssen, dass führende Ratsvertreter öffentlich äußern, dass sie ja juristische Laien seien und die Dinge schwer beurteilen könnten, immer für Transparenz gesorgt hätten ….ist beunruhigend.

    Beunruhigend ist, dass wichtige Planungen und Entscheidungen inzwischen hinter verschlossenen Türen, in Aufsichtsratssitzungen von EWMG, mags, GEM, NEW u.a. getroffen werden. Beunruhigend ist, wenn wichtige Planungsaufgaben inzwischen extern vergeben werden, weil das eigene Personal dazu in den letzten Jahren weggespart wurde.

    Beunruhigend ist dabei, wenn gewählte Entscheidungsträger aus Rat und Verwaltung, auf die sich die BüregerInnen verlassen, offensichtlich nicht in der Lage sind, zu erkennen, wenn die Dinge nicht funktionieren oder aus dem Ruder laufen.

    In letzter Zeit häufen sich solche Fälle. Bebauungspläne werden aufgehoben, Investoren mit z.T. recht undurchsichtigem Hintergrund kommen und gehen, rechtswidrige Beteiligungsgeschäfte werden getätigt und müssen verlustreich zurückgenommen werden, Pflichtaufgaben einer Verwaltung werden nicht mehr rechtskonform wahrgenommen, nicht nur im Umweltbereich.

    Dass der BUND Mönchengladbach erstmals in seiner Geschichte gleich drei Fachaufsichtsbeschwerden hintereinander auf den Weg bringen muss, ist beunruhigend.

    Die entscheidenden Politiker der Mehrheitsfraktionen sollten sich vor Augen führen:

    Der Paradigmenwechsel hin zur Auslagerung hoheitlicher Aufgaben, weg von Verwaltung und Rat und damit auch weg aus den Augen der Öffentlichkeit, aus der Kontrolle, aus der frühzeitigen Korrektur, das kann gut gehen und auch Planungsprozesse beschlenigen, wenn nichts schief läuft. Es kann aber auch zu viel Stress und bösen Überraschung führen, wenn man etwas Wesentliches übersehen hat. Wer wüsste das besser als die beiden Fraktionsvorsitzenden der GroKo, die auch in entscheidenden Aufsichtsräten vertreten sind.

    Gerade wenn man ein juristischer Laie ist, von schwierigen Sachverhalten überfordert ist, gleichwohl den Kern der Dinge gerne herausschält, wenig sachkundige Experten in seiner unmittelbaren Umgebung weiß oder einfach nur Transparenz kritisch sieht, dem sei gesagt:

    Transparenz hat Nachteile, durchaus: Andere wissen alles besser, wollen ihre Sicht der Dinge berücksichtigt finden, überall reinreden. Das dauert, nervt vielleicht.
    Aber die Wahrscheinlichkeit, etwas Wesentliches zu übersehen, sich von dem zu entfernen, was BürgerInnen wollen und beschäftigt, gute Ideen nicht zu erkennen, sinkt deutlich. Das sind die Vorteile von Transparenz.

    Davon abgesehen ist Transparenz und öffentliche Diskussion ohne Repressalien aber die wesentlichste Errungenschaft unserer Demokratie und weltweit (fast) einzigartig. Darauf darf man stolz sein.

    Das letzte Wort haben dann die gewählten Politiker. Dafür müssen sie dann auch gerade stehen. Das gilt auch für die Zukunft des Europaplatzes, egal, wie der Rat letztlich entscheidet.

    Die Lehre am Ende könnte lauten:
    Möglichst früh in die Öffentlichkeit zu gehen, mit ersten Überlegungen, mit Vorentwürfen („frühzeitige Bürgerbeteiligung“), mit Projektideen, mit Umfragen. Gelegenheit dazu ergibt sich vor allem in den Bezirksvertretungen, wo PolitikerInnen vor Ort wissen (sollten), wie man die BürgerInnen erreicht und anspricht. Man kennt diese Präsenz vor allem aus der Wahlkampfzeit. Da ist also noch Luft nach oben.

    Eine entscheidende Rolle für Transparenz und Bürgerbeteiligung spielt die Presse, die sich immer mehr in den online-Bereich und hin zu sozialen Medien verlagert. Das Darstellen und Diskutieren kontroverser Positionen, von Lob und Kritik ist dort einfacher, etwa in Form von Leserbriefen.

    Aber auch die kontroverse Diskusssion im redaktionellen Teil, etwa in Form von Gastbeiträgen, ist keine Störung, sondern Teil einer freien Presse. Auch da ist noch Luft nach oben. Man sollte dazu ermutigen.

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