Altlastsanierung als Naturschutz deklariert Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft in Mönchengladbach

Wer dieser Tage auf der homepage der Stadt nach Informationen über Kompensationsmaßnahmen sucht, stößt auf gähnende Leere. „Inhalt wird … nachgereicht“ heißt es da, obgleich die Projekte schon mehrere Monate abgeschlossen sind. Es hat den Anschein, als tue sich die Stadt schwer mit Inhalten zu diesen Projekten an dieser Stelle. Wenn dem so wäre, läge sie richtig.

„Alt-Peschkes“: Aus einem Hobby entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte ein Gewerbebetrieb, ohne dass dieser im Naturschutzgebiet an der Niers bei Wickrath jemals eine Genehmigung erhalten hätte. Nach Jahren der Verhandlungen zog der Fischzuchtbetrieb schließlich an den Rand des Schutzgebietes. Das alte Betriebsgelände wurde 2020 abgeräumt und mit Nierswasser geflutet.

Wer die Rückbaukosten in welcher Höhe getragen hat, ist nicht ganz klar. Jedenfalls deklarierte die Stadt das Gelände nach der Sanierung als Ausgleichsfläche  für das Gewerbegebiete Regiopark bei Odenkirchen, das seit 2011 bebaut wird.

Ein weiterer Sanierungsfall, ebenfalls eine Altlast, betrifft den ehemaligen Bolzplatz im Naturschutzgebiet Wetscheweller Bruch. Nach dem Krieg wurde dort nach Auffüllung des Sumpfgeländes ein Bolzplatz angelegt, der in den letzten Jahren, nach Entfernung der Brücke,  nicht mehr genutzt wurde und verwilderte.

2021 begann die Stadt, das Gelände auszukoffern, um es anschließend zu fluten, wie schon ein Jahr zuvor den Sportplatz im Naturschutzgebiet Niersbruch bei Wickrathberg. Allerdings fanden sich in Wetschewell bedenkliche Altlasten im Unterbau, was die Sanierung verzögerte und erheblich verteuerte. Inzwischen ist das Gelände ausgekoffert und geflutet. Auch hier wurde die Sanierungsmaßnahme als Ausgleich für die Bebauung Regiopark als „Auenwald“ deklariert. Die Kosten beziffert die Stadt auf ca. 750.000 Euro.

aus:  mags „Renaturierung – Kinderspielplatz Wetschewell in Mönchengladbach“ – Landschaftspflegerischer Begleitplan – April 2020

Vor der Auskofferung hätte sich das Gelände durchaus im Sinne des Naturschutzes entwickelt, auf Dauer typischerweise zu einem dem Standort angepasten Wald. Was hier als Kompensationsmaßnahme deklariert wurde, ist streng genommen ein weiterer, hier unnötiger  – und sehr teurer – Eingriff gewesen.

Im Bebauungsplan zum Regiopark (BP 709S) wurde als Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft ursprünglich ein Ersatzgeldbetrag von 674.916 Euro ausgewiesen. Damit sollte eine Fläche von rund 5 ha für den Naturschutz aufgewertet werden. U.a. war die Renaturierung der Niers nördlich der Korschenbroicher Straße dafür vorgesehen. Statt Niersrenaturierung müssen nun u.a. die beiden genannten Altlastsanierungen als Ausgleichsmaßnahen für das Gewerbegebiet herhalten. Geld für andere, echte Naturchutzmaßnahmen bleibt dabei kaum übrig.

Was den BUND daran stört, erklärt Heinz Rütten, Biologe und Gutachter des BUND: „ Altlastsanierung und Rückbau nicht mehr benötigter Anlagen sind Selbstverständlichkeiten für einen Grundbesitzer und keine Naturschutzmaßnahmen im Sinne der Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes. Hierbei soll vielmehr ein Ausgleich für den Eingriff großer Bauprojekte in Natur und Landschaft geschaffen werden, indem ökologisch geringwertige Flächen zu hochwertigen Flächen umgewandelt werden. Die dafür zweckgebundenen Gelder in die Altlastsanierung zu stecken, pervertiert diesen Gedanken“, so der BUND.

Dass sich die Stadt mit diesem Projekt auch noch erfolgreich bei einem bundesweiten Wettbewerb in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaanpassung ehren lässt („„Blauer Kompass“), ist eine Kuriosität am Rande und wirft Fragen nach den Auswahlkriterien für diesen Wettbewerb auf.

„Mit der Wiederherstellung der natürlichen Auenlandschaft der Niers verbinden wir
den Klima- und Naturschutz mit der Anpassung des städtischen Umfelds an den
nicht mehr aufzuhaltenden Klimawandel“, sagte Georg Esser, städtischer
Abteilungsleiter Landschaft, Luft, Immissionen und Klima, bei der Preisverleihung.
„Es ist für uns eine große Ehre, dass diese Bemühungen auch bundesweit die
Anerkennung erhalten, die sie verdienen.“ (rp 2022-09-22)

Im April 2021 hatte der BUND eine Studie veröffentlicht, die die Situation der sogenannten Kompensationsflächen im Stadtgebiet kritisch beleuchtet. Die Studie kann auf unserer homepage heruntergeladen werden.

 

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