Bereit, sich für den Klimaschutz einzuschränken, sind nur wenige, zu wenige.
Unsere Vorstellungen von Wohlstand, Bequemlichkeit, Mobilität, Konsum, angemessenes Wohnen, Reisen u.v.m haben sehr viel mit Enegieverbrauch zu tun, ebenso die Folgen der daraus resultierenden Lebensweise: Müll, Klimawandel, Überproduktion und Verschwendungen auf der einen, Hunger und Elende auf der anderen Seite (des Globus). Wenn Energie und Rohstoffe knapp und damit teuer werden, muss das Folgen für diese Lebensweise haben – das liegt auf der Hand.
Die Energiewirtschaft ist der größte Emittent von Treibhausgasen, gefolgt von Industrie, Verkehr und Gebäudeheizung. Im privaten Bereich sind Mobilität und Heizung folgerichtig besonders in den Fokus der Einsparungen im Interesse des Klimaschutzes geraten.
Wärmepumpen und Elektroautos gelten dabei – zur Zeit noch – als eine oder als die Lösung der Wahl.
Während der Energieverbrauch für das Heizen Dank moderner Heizsysteme und Wärmedämmung seit 20 Jahren sinkt, ist im Verkehrssektor das Gegenteil der Fall.
Daran wird sich auch in absehbarer Zukunft ohne grundlegende Änderung des Mobilitätsverhaltens nichts ändern. Das hat einen einfachen Grund: Die damit verbundene Energieverschwendung gibt der Energiemarkt in absehbarer Zukunft einfach nicht her – vom Desaster des Klimawandels ganz abgesehen.
Der Vorstandsvorsitzende der NEW Frank Kindervatter brachte es in einem rp-Interview vom 4.1.2024 auf den Punkt:
„Nur mal eine ganz grobe Zahl als Beispiel: Wer mit einem VW Golf 20.000 Kilometer im Jahr fährt, verbraucht so viel Strom wie ein durchschnittlicher Haushalt. Wenn wir also die Elektromobilität ausbauen, verdoppelt sich der Verbrauch privater Haushalte. Da hat aber noch keiner eine Wärmepumpe in Betrieb. Unser Bedarf an elektrischer Energie wird dramatisch steigen. Es müssen 60 Gaskraftwerke allein als Übergangstechnologie gebaut werden, bestenfalls bis zum Kohleausstieg 2030. Im Übrigen gibt es jetzt schon die Regelung, dass der Netzbetreiber die Anlagen für das Aufladen von Fahrzeugen, etwa in Großparkhäusern, drosseln darf.“
https://rp-online.de/nrw/staedte/viersen/viersen-new-vorstaende-frank-kindervatter-und-thomas-bley-im-interview_aid-104487891 „Der Bedarf an elektrischer Energie steigt dramatisch“
Betrachten wir die Sektoren Gebäudeheizung und Mobilität etwas näher. Beides verbraucht enorm viel Energie und trägt entscheidend zum Klimawandel bei. Gleichzeitig sind die Kosten für eine Durchschnittfamilie schon jetzt enorm. Ein Auto ist, alle Kosten zusammengerechnet, nicht unter 500 Euro im Monat zu fahren – bei Nutzung vor allem im Kurzstreckenverkehr. Bei einem Zweitauto verdoppelt sich diese Belastung. Die Heizkosten lagen laut Mieterbund 2023 bei durchschnittlich 1.500 Euro pro Jahr, was angesichts der Mobilitätskosten von mindestens 6.000 Euro im Jahr noch harmlos aussieht. Beide Kostenfaktoren werden in den nächsten Jahren noch drastisch steigen, alleine für den Unterhalt. Investitionskosten z.B. für eine klimaschonende Beheizung oder ein Elektroauto sind sind da noch außen vor.
Wer sich das nicht leisten kann oder will, kommt um eines nicht herum: sparen. Aber wo und tut das nicht weh?
Ja, es wird weh tun, etwas. Denn es betrifft lieb gewonnene Gewohnheiten. Das ist die schlechte Nachricht. Man muss aber nicht auf eine warme Wohnung und Mobilität verzichten. Das ist die gute Nachricht – nur nicht in der luxuriösen Variante, an die wir uns seit 50 Jahren gewöhnt haben.
Sich in ein Auto setzen mit Stereo- und Klimaanlage, einen mehrere 100 Liter umfassenden Kofferraum und 5 bequemen Sitzen, 200 km/h Spitzengeschwindigkeit mit über 100 PS, mehr als 1500 kg schwer, um eine nur 70 kg schwere Person von A nach b zu transportieren ist ein Luxus und eine Verschwendung, nur denkbar in einer Zeit, in der Energiekosten und Klimawandel keine Rolle spielten.
Diese Zeiten sind aber endgültig vorbei. Beim Heizen sieht es ähnlich aus.
Die Wohnfläche pro Person hat sich in den letzten 50 Jahren fast verdoppelt. Alle Räume sollen im Winter wohlig warm, im Sommer möglichst kühl sein. Das kostet Energie und schadet damit dem Klima.
Dieses Maß an Wohnqualität und Mobilität ist nur wenigen Menschen auf diesem Planeten vorbehalten. Diese haben daher nicht zufällig auch den größten Anteil als Verursacher des Klimawandels.
Etwas Verzicht an Bequemlichkeit darf man daher von diesem Personenkreis, also von uns, erwarten, zumal man dafür weder auf bequeme Mobilität noch auf eine warme Wohnung verzichten muss. Beim Heizen würde es schon reichen, die Raumtemperatur um 2-3° zu senken, nur die Räume warm zu halten, in denen man sich tatsächlich längere Zeit aufhält und die Temperatur in anderen Räume bei Abwesenheit oder nur kurzzeitiger Nutzung deutlich abzusenken. Heizungsventile mit Timer können dabei helfen. So lassen sich die Heizkosten und der klimaschädliche Energiebedarf deutlich senken. Oder korrekter: sie steigen nicht in eine Dimension, die sich zumindest Menschen mit kleinem oder mittlerem Einkommen kaum mehr leisten können. Hier mit Subventionen gegenzuhalten, kann sich keine Volkswirtschaft auf Dauer leisten.
Das gilt erst recht für die Elektro-Mobilität, exakter, für den Umstieg auf ein Elektroauto. Die Bequemlichkeit eines rollenden, tonnenschweren Wohnzimmers ist gerade den Deutschen ans Herz gewachsen wie kaum etwas anderes. Die Autoindustrie gilt in Deutschland noch immer als systemrelevant und das Elektroauto als deren Rettung. Experten, die sich mit Rohstoffen, Energiespeicherung, mit Preis- und Einkommensentwicklungen auskennen, sehen das allerdings anders.
Der Hype um die E-Autos als schnelle Lösung ist bei näherer Betrachtung eine Illusion. Die Umweltbelastung durch die Produktion, der zusätzliche Rohstoff- und Energiebedarf und auch der Preis lassen einen Ersatz der Verbrennungs-Autos im derzeitigen Umfang kaum erwarten. Sie erhöhen auch kaum die Aufenthaltsqualität der Innenstädte.
Diese brauchen Platz für einen barrierefreien Umbau, etwa durch niveaugleiche Fuß- und Verkehrswege. In einer alternden Gesellschaft wird die fußläufige Mobilität mit Pedelecs, Rollatoren und Gehbehinderung, vorbei an parkenden und fahrenden Autos zu einem lebensgefährlich Unterfangen.
Platz wird auch für mehr Grün, mehr Spiel- und Freizeitfläche benötigt.
All dem stehen die Blechlawinen entgegen, die derzeit noch die Innenstädte und Straßenränder prägen.
Der Weg, die Innenstädte weitgehend autofrei zu machen, den etliche Städte seit Jahren verfolgen, und zwar mit nachhaltigem Erfolg, ist da alternativlos. Citymaut, Verknappung von Parkraum, Geschwindigkeitsbegrenzungen bis runter zu 20 km/h schaffen Bürgerprotest und Frust. Zunächst. Der Abschied von lieb gewonnenen und bequemen Gewohnheiten ist nie leicht. Das müssen PolitikerInnen, die unsere Zukunft im Auge haben, aushalten.
Das Argument, man sei auf das Auto angewiesen, ist angesichts der Alternativen, die der Markt schon jetzt bietet, unschlüssig. Ein Auto-E-Bike z.B., ein Hybrid zwischen Auto und E-Bike, bietet Platz für bis zu 3 Personen, hat eine Reichweite um 100 km, eine Grundfläche von nur 2 qm und wiegt nur 70 kg bei einer max. Zuladung von 200 kg. Das reicht für einen gemütlichen Tripp durch die Stadt mit Kind oder Partner und auch noch einen größeren Einkauf. Ein Elektroauto im Vergleich dazu wiegt leer 30x so viel, um die gleiche Last zu befördern. Da der Energieaufwand proportional zur bewegten Masse ist, wird der größte Teil der Energie nur dazu verwendet, die Karosse selbst zu bewegen. Das ist in Zeiten zunehmender Energieknappheit purer Unsinn und sehr teuer, auch für unser Klima.
70 kg, 2 qm, 3 Personen, 100 km Reichweite, 1.800 kg, 7,5 qm, 5 Personen., 400 km Reichweite,
Preis ca. 8.000 € Preis ca. 43.000 €
Der Weg hin zu einer weitgehend autofreien Innenstadt ist daher richtig. Parallel zu den dafür notwendigen Beschränkungen wie Parkraum-Umwidmung (mehr Freifläche, Stadtgrün, Spielstraßen…), Citymaut, Tempo-30-Zonen und hohe Parkgebühren sollten die Alternativen in Angriff genommen werden: barrierefreier Umbau der Stadt- und Stadtteil-Zentren, Fußgänger -und Fahrradvorrangzonen (Auto-E-Bikes gehören übrigens auch in diese Kategorie), großzügige Parkzonen für Fahrräder und Auto-E-Bikes und langfristig auch Mobilitäs-Hubs an den Haupteinfallsstraßen für den Umstieg vom Auto auf ÖPNV und Fahrrad.
Es ist – auch finanziell – sinnvoller, die Anschaffung von (Lasten-)Rädern und Auto-E-Bikes massiv zu fördern, z.B. im Gegenzug zu einer verbindlichen und dauerhaften Abschaffung eines (Zweit-)Autos, anstatt dort weiter in den lokalen Ausbau des ÖPNV zu investieren, wo er sich kaum rechnet.
Weitgehend leere Busse sind kein Beitrag zum Klimaschutz und finanziell ruinös.
- https://bund-mg.de/brauchen-wir-neue-fahrradwege-in-der-innenstadt/
- Das passiert, wenn du jeden Tag mit dem Fahrrad fährst
- Die 15-Minuten-Stadt: Das steckt hinter der Idee
Abbau klimaschädlicher Subventionen, z.B. für Diesel und Flugbenzin und das sog. Dienstwagenprivileg, flächendeckendes, einheitliches Tempolimit, z.B. auf Autobahnen und in bebauten Bereichen, deutlich höhere Bepreisung von klimaschädlichen Emissionen – und das alles sozial verträglich, Stichwort „Klimageld“, längst überfällig.
Dass eine Regierung unter Beteiligung der „GRÜNEN“ hier kaum liefert, ist ernüchternd, dass eine Regierung unter CDU-Führung, die in den letzten Jahrzehnten rein gar nichts für die Abwendung der aktuellen Probleme getan hat, hieran etwas ändert, ist kaum zu erwarten.
Aber auch von der Bereitschaft der Bevölkerung, im Sinne des Klima- und Ressourcenschutzes persönliche Einbußen an Wohlstand und Bequemlichkeit hinzunehmen, darf man trotz aller Lippenbekenntnisse nicht allzu viel erwarten.