Die ehemalige Lederfabrik Goebels in Odenkirchen könnte ein Lehrstück dafür sein, wie Politik, Verwaltung und letztlich wir alle mit der Umwelt, mit Profiten und Folgekosten umgehen.
Das Gerben und Färben von Leder ist wie vieles andere auch ein besonders umweltschädliches Unterfangen, bei dem Schwermetalle in Chrom-III-salzen eingesetzt werden. Das dabei entstehende Chrom(VI) gilt als hochgradig krebserregend. Die Abwässer wurden bis vor wenigen Jahrzenten in die nahegelegenen Bäche und Flüsse (hier die Niers) eingeleitet oder versickerten im Boden. Das war auch bei der Lederfabrik Goebels offensichtlich so.
Als Ende der 70er Jahre die Umweltauflagen in Deutschland steigen und die Konkurrenz aus Fernost und Afrika wächst, schließt die Fa. Goebels 1983 ihre Tore.
Schon 1985 wurde öffentlich, was da im Boden schlummert und wer Jahre lang weggeschaut hat. Das Schwarze-Peter-Schieben begann, gepaart mit guten Vorsätzen:
Drei Jahre gehen ins Land (derweil verdienen mehrere Gutachter gutes Geld), bis die Stadt dann feststellt, dass tatsächlich das gesamte Gelände verseucht und der Eigentümer nicht mehr auffindbar ist. Überraschung?
Als Vorsorge für die Nachsorge entsteht schnell die übliche wie unausweichliche Idee: die Stadt (will heißen: die Allgemeinheit) kauft das Gelände, saniert es und eine Grünfläche entsteht.
Die Kosten in geschätzter 7-stelliger Höhe wolle die Stadt aber vorerst nicht aufbringen – der Fördergelder wegen. Wieder folgen das übliche Schwarze-Peter-Spiel und der Vorsatz, so etwas dürfe in Zukunft nicht mehr geschehen, die Überwachung müsse besser werden. Wir sind im Jahre 1988, das ist wichtig.
Nun, fast 20 Jahre später (2007), geschehen ähnliche Dinge an anderer Stelle. Beim Film würde man von einem „remake“ sprechen, in der Psychologie von einem „deja-vu-Erlebnis“.
Ist es nun die „Unendliche Geschichte“ oder einfach die Fortsetzung eines blockbusters? Wir schreiben inzwischen das Jahr 2021. Aus Eltern wurden inzwischen Großeltern, aus Kindern brave Steuerzahler. Manche Großeltern erinnern sich vielleicht noch, als wäre es gestern gewesen:
Was lehrt uns das? Eigentlich nichts, außer, dass Behördenmühlen sehr langsam malen, PolitikerInnen sehr geduldige Menschen sind und sich UnternehmerInnen, die es mit Umweltschutz und Verantwortung nicht so genau nehmen, auf die Toleranz der Allgemeinheit noch immer verlassen konnten.
Seit der ersten großflächigen Grundwasserbelastung in Odenkirchen durch die ehemalige Lederfabrig Goebels ist klar, wo das Problem liegt. Ohne engmaschige Überwachung von Betrieben, die mit grundwassergefährdenden Chemikalien hantieren, durch Gewerbeaufsicht, Ordnungsamt und Untere Wasserbehörde wird es am Ende für BürgerInnen unangenehm und teuer. Seit 1985 wird der „Schwarze Peter“ der Zuständigkeiten hin und her geschoben, Besserung gelobt. Auch das Perchlor-Problem in Giesenkirchen ist seit mind. 2005 bekannt und aktenkundig. In der Fürsorgepflicht der Kommune hakt es gewaltig. Eine großflächige Grundwasserbelastung ist kaum sanierbar.
Die umweltschädliche Produktion geht inzwischen in den Entwicklungsländern weiter. Wie es dort mit Umweltbewußtsein und Verantwortung für die folgenden Generationen aussieht, mag man sich kaum vorstellen.
Die Galvanisierung ist ein weiterer potentieller Verursacher für Schwermetalleinträge in die Umwelt. Dabei kommen krebserzeugende Chrom(VI)-, Cobalt- und Nickelverbindungen zum Einsatz.
2016 Durchsuchung nach Chrom-Skandal
2024 Erhebliche potenzielle Gefahren für Grundwasser und Mensch
Die Pesch Galvanotechnik GmbH, auf deren Gelände die Verunreinigung vermutet wird, wurde 1950 gegründet und 2020 wegen Insolvenz liqudiert. Dort ist also nichts mehr zu holen. Bleibt also wohl doch die Allgemeinheit auf den Untersuchungs- und ggf. Sanierungskosten sitzen, vom Schaden für betroffene Anwohner ganz zu schweigen.